Letzte Nacht hatte ich einen Traum, der mir absolut wie Realität vorkam. Ich wachte schweißgebadet voller Schuldgefühle neben meinem Freund auf, um erleichtert festzustellen, dass es Gott sei Dank nur ein Traum war und ich dem Mann, der mich so glücklich macht, mir so viel Liebe gibt und in mir auslöst nicht fremdgegangen bin. Auch in meinem Traum bin ich ihm quasi treu geblieben, dennoch war die Situation schon sehr heikel und es brach mein Herz allein daran zurückzudenken.
Im Traum war mir bewusst, dass ich vergeben bin und den Mann an meiner Seite liebe. Dennoch traf mich mit Tristan und irgendwie kam es dazu, dass ich mich während ich mit ihm war zu ihm hingezogen fühlte und es war offensichtlich, dass es ihm ähnlich ging. Auf ein mal kam er ganz nah an mich heran, küsste zunächst langsam und zärtlich meine Wangen um sich anschliessend meinem Mund zu nähern. Ich war schwach in diesem Traum, alle damaligen Gefühle kamen hoch, ich wollte es auf der einen Seite um jeden Preis verhindern, dass er mich küsst und gleichzeitig war ich wie gelähmt in bebender Erwartung seiner Lippen auf den meinen. Er kam immer näher und näher bis sich unsere Lippen beinahe berührten, während meine Seele schrie „Tue es nicht verdammt, du wirst dir alles zerstören!“ Plötzlich spürte ich zu meinem größten Schock den Hauch einer tatsächlichen Berührung, was mich sofort aus meiner Trance befreite, sodass ich mich wiederum in letzter Sekunde aus dieser bittersüßen verhängnisvollen Situation befreien konnte. Ich fühlte mich schrecklich nach diesem Traum und doch war ich erleichtert, dass ich sogar im Traum meinem Freund treu blieb…
Dennoch muss ich zugeben, dass ich seitdem nicht anders konnte, als einige Male an ihn zu denken… Auch konnte ich nicht anders, als mich plötzlich wieder an unser damaliges Wiedersehen nach schmerzhaften sechs Monaten (12. Juni bis zum 7. Dezember 2015) zu erinnern.
Ich verlasse London Bridge station. Ich sehe ihn da stehen in seiner Northface-Jacke, Hände in den Taschen, das Gesicht freundlich aber leicht besorgt. Ploetzlich sieht er mich. Er kommt mir entgegen und ein zauberhaftes breites Lächeln überflutet langsam sein schönes männliches Gesicht. „Ey Svet“…er nimmt mich in den Arm und hält mich etwas zu lange. Ich habe ein schwarzes kurzes Kleid an und trage mein goldblondes Haar offen, ich habe mich einparfümiert, reichlich einparfümiert. In meinem Kopf läuft eine einzige Frage Amok „Hat er eine Freundin?“. Mit meinem dritten Satz schiesst die Frage: „Und wie vielen Frauen hast du in dieser langen Zeit den Kopf verdreht…?“ heraus. Woraufhin ein Schlag ins Gesicht zurückkommt: „Ich habe seit 4 Monaten eine Freundin.“ Meine Welt fängt an zu bröckeln ich bekomme keine Luft und muss mich extrem zusammenreissen, um nicht in Tränen auszubrechen. Es fällt mir unfassbar schwer mich zu konzentrieren, ich lasse ihn das Pub wählen kann keinen klaren Gedanken mehr fassen… Er sucht etwas aus… Wir setzen uns, ich habe keinen Hunger… Er wählt voller Leidenschaft meine Lieblingsspeisen für mich aus und bestellt sie… Ich lasse ihn einfach machen… Mir ist alles egal, ich kann nicht mal eine Garnele hinunterschlucken, nicht mal mein absolutes Lieblingsessen… Er bestellt Zitrone für mich und fügt hinzu, dass es sehr viel sein soll und strahlt mich voller Fürsorge an, stolz, dass er mich immer noch so gut kennt. Ich bin schockiert, dass ich zum ersten Mal im Leben Zitrone vergessen habe… Er bestellt einen Spiced Rum mit Cola und ich nicke, dass ich das selbe will. Ich lächele durchweg, damit er bloss nichts von meinem Schock und der Verzweiflung, die sich in mir ausbreitet mitbekommt.
Er spricht von ihr, die Geschenke, die Reisen, ihr Humor. Ich merke, sie ist nicht ich, aber es ist okay so. Unsere Chemie ist wie immer, er hält sich nur zurück, ich kenne ihn, er kann mir nichts vormachen. Wir albern rum, lachen, fassen uns an den Händen, kämpfen… Er sagt er habe gelernt, nicht die ganze Zeit zu texten mit einer Frau, weil man sich sonst nicht zu sagen habe Abends… Ich weiss, dass wir dieses Problem nie hatten, er weiss es auch.
Mein Herz zerreisst, während ich ihn anlache. Ich verliere mich in seinen Augen und in meinen eigenen Gefühlen und Gedanken. Meine Seele brennt mit jedem Insider mehr. Jeder Longdrink, von denen wir einige trinken, bringt mich ihm und dem Abgrund meiner verzweifelten Gefühle näher. Ich geniesse jede Minute mit ihm und sauge jeden Moment auf, jedes Lächeln, jeden Klang, jeden Geruch. Gleichzeitig verliere ich meinen Verstand wenn ich auch nur daran denke, dass ich ihn wohlmöglich wieder einige Monate nicht zu Gesicht bekommen werde. An die Tatsache, dass er jetzt einer anderen gehört, nach sechs Jahren allein tatsächlich wieder vergeben ist. Glücklich vergeben. Endgültig vergeben.
Ich frage mich was er wohl fühlt? Fühlt er denn gar nichts? Werde ich jemals erfahren, ob auch er mich wollte. Mich so sehr wollte, dass es weh tat?
Wir verlassen die Bar und laufen zurück. Wir albern herum, umarmen uns, lachen. Plötzlich ist alles vorbei. Er muss rechts und ich links. Wir umarmen uns und lassen wieder von einander los. Ich schaue ihn an und kann nicht anders, als ihn noch ein einziges Mal an mich zu ziehen. Dann lasse ich ihn gehen und winke, winke bis ich ihn nicht mehr sehe. Dann breche ich endlich in Tränen aus, in schluchzenden, schallenden Tränen in mitten von all diesen Menschen. Ich weine und weine und weine. Ziehe mir meine riesige Kapuze über den Kopf und weine den ganzen 50-minütigen Nachhauseweg weiter. Ich starre die U-Bahntür an und diese bizarre unterirdische Welt zerschmilzt vor meinen Augen. Zu Hause angekommen weine ich weiter, während ich mir all die Lieder anhöre, die mich an ihn erinnern, rauche einen Joint und schlafe erschöpft ein.
Mittlerweile habe ich seine Freundin kennen gelernt, und habe mich von ihm vor ihren Augen mit seiner Gabel füttern lassen und mir angehört wir er ihr erklärt was „Svet so macht und mag“ und wieder zusehen können, wie er mir ganz viel Zitrone zu meinem von ihm ausgesuchten Essen bestellt. Mittlerweile sehen wir uns ab und zu auf einen abendlichen Drink, schenkten uns jeweils teuere Dinner zu unseren Geburtstagen und texten immer mal wieder. Langsam wird alles mehr „normal“ zwischen uns, nur dass „normal“ bei uns nie wirklich „normal“ war. Und vielleicht niemals sein wird.